Eine Quellenbesichtigung
Dialog ist ein vertrautes Wort, es steht für ein Gespräch zwischen zwei oder mehr Personen, was natürlich auch schriftlich in Rede und Gegenrede geht.
Deutlich seltener anzutreffen im Sprachgebrauch ist der Trialog, mit dem speziellere Gesprächszusammenhänge gemeint sind. Da wären zum Beispiel der Dialog (!) unter den drei (!) monotheistischen Religionen (Jüdisch-christlich-islamischer Dialog) oder der Erfahrungsaustausch zwischen Patienten, Angehörigen und Therapeuten und nicht zuletzt ein in den EU-Verträgen geregeltes Konsultationsverfahren zwischen Europäischer Kommission, Rat der EU und Europäischem Parlament, das professionellen Beobachtern des bürokratischen Geschehens in Brüssel als → Trilog bekannt ist.
Und Metalog? Ist damit ein nachgelagertes Gespräch gemeint? Handelt es sich um ein Kunstwort?
Gängige Suchmaschinen zeigen für Metalog zuerst einen dem Zeitgeist entsprechenden Onlineshop an, bei dem es Spielzeug oder Zubehör für Coaching-Bedarf zu kaufen gibt. Die Produkte muten entweder skurril an oder erinnern an Manufaktum – die Preise sind entsprechend.
Man muss also tiefer graben und stößt schließlich auf alte Betrachtungen zu Logik und Psychologik, sämtlichst textgebunden. Meine Kurzfassung lautet so:
Der Begriff Metaloge ist mindestens achthundert Jahre alt und wird wissenschaftlich breit verwendet. Er ist spätestens im 12. Jahrhundert belegt in einem Werk zur Verteidigung der antiken Logik (→ Johannes von Salisbury, Metalogicus, 1159). Andere Denker, u. a. Schopenhauer, Hartmann, Erdmann oder Rickert, haben unter dem Begriff Metalogik etwas verstanden, das sich jenseits oder zwischen Logik und Psychologik befindet. Mit den Voraussetzungen und Grundlagen der Logik befasst sich die Metalogik als philosophische Grundlagendisziplin mit Bezügen zur → mathematischen Logik. Im → PONS-Wörterbuch findet sich das Wort metalogisch mit ernüchternden Hinweisen auf Metallverarbeitung, aber auch mit der knappen Bedeutungsangabe über die Logik hinausgehend. Ein sehr viel weitergehendes Verständnis hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der angloamerikanische Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph → Gregory Bateson (1904 bis 1980) für den Begriff Metalog durch eine bestimmte Idee des Metagesprächs geprägt und folgendermaßen beschrieben (Gregory Bateson, Ökologie des Geistes – Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Frankfurt a. M., Suhrkamp 1994, S. 31):
Ein Metalog ist ein Gespräch über ein problematisches Thema. In diesem Gespräch sollten die Teilnehmer nicht nur das Problem diskutieren, sondern die Struktur des Gesprächs als ganzes sollte für eben dieses Thema relevant sein. .
Bei Bateson werden also dicke Bretter gebohrt, wenn es um Dialoge geht. Bleibt die Frage, ob aktueller Lesestoff aus der Hand von Metalogen verfügbar ist, der ans Bohren dicker Bretter heranführt und Hilfestellungen für klärende Dialoge bietet. Zwei habe ich kennen und schätzen gelernt, nämlich Dr. Simone Stölzel und Dr. Thomas Stölzel. Hier eine Auswahl ihrer Werke, die ich nach eigener Lektüre empfehle:
- Thomas Stölzel: → Gedankenlaufbahnen I + II – Texte aus vier Jahrzehnten (2024)
- Thomas Stölzel: → Delatron: Ein Traumbild in: die horen, 276, S. 14
- Simone Stölzel: → Brief an F. Nietzsche in: 101 Briefe an Friedrich Nietzsche zu seinem 175. Geburtstag, S. 192 (2019)
- Thomas Stölzel: → Am Leitfaden des Leibes … in: 101 Briefe an Friedrich Nietzsche zu seinem 175. Geburtstag, S. 293 (2019)
- Simone Stölzel: → Bindung an die Toten. Wie alte, magische Vorstellungen noch heute fortwirken, Leidfaden, 2019 Heft 4, S. 84
- Thomas Stölzel: → Den Löffel abgeben. Anmerkungen zu einer intergenerationellen Metapher, Leidfaden 2019 Heft 4, S. 36
- Thomas Stölzel: → Aus den Notizbüchern eines Menschenforschers. Prosa (2019)
- Simone Stölzel: → Der Tod in Potenzen. Philosophischer Roman (2018)
- Thomas Stölzel: → Zur Sprache gebracht. Aufzeichnungen, Notate und eine historische Phantasie (2018)
- Thomas Stölzel: → Die Welt erkunden. Sprache und Wahrnehmung in Therapie, Beratung und Coaching (2015)
- Thomas Stölzel: → Fragen – Lösen – Fragen. Philosophische Potenziale für Therapie, Beratung und Organisationsentwicklung (2014)
- Simone Stölzel, → Unendliche Weiten. Lösungsorientiert denken mit Captain Kirk, Mr. Spock und Dr. McCoy (2012)
- Thomas Stölzel: → Staunen, Humor, Mut und Skepsis. Philosophische Kompetenzen für Therapie, Beratung und Organisationsentwicklung (2012)
- Thomas und Simone Stölzel: “Im Großen und Ganzen bin ich den Menschen mit Skepsis begegnet.” Ein biographischer Essay in: → W. Sommerset Maugham, Leben und Werk (2010)
- Herausgegeben und mit Essays von Thomas und Simone Stölzel: → Denken mit W. Somerset Maugham. Über Skepsis und humorvolle Resignation, die Natur des Menschen und den Beruf des Schriftstellers (2009)
- Thomas Stölzel: Portrait eines Unsichtbaren in: die horen, 226, S. 87 (2007)
- Thomas und Simone Stölzel: “Das Normale ist das seltsamste Ding auf Erden.” Der Menschenkenner und Gentlemen-Autor W. Somerset Maugham. Essay in: → W. Somerset Maugham, Notizbuch eines Schriftstellers (2004)
- Thomas Stölzel: → Ein Säulenheiliger ohne Säule – Begegnungen mit E. M. Cioran (1998)
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