Klein Fritzchen und sein Freund prahlen rum.
Sagt der Kumpel: "Mein Vater ist Architekt. Der hat die Alpen gebaut."
Sagt Klein Fritzchen: "Pah, mein Vater sitzt im Knast. Der hat das Tote Meer umgebracht."
So geht eines der zahllosen Witzchen mit Klein Fritzchen, gefunden im Internet.
Gar nicht witzig ist der Stuss, den Friedrich Merz, seit gerade mal sechs Wochen der nunmehr zehnte Bundeskanzler der BRD, beim G7-Gipfel in den kanadischen Rocky Mountains gegenüber dem ZDF von sich gegeben hat: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“. Merz bezieht sich dabei ausdrücklich auf den Angriffskrieg Israels auf den Iran. Zur völkerrechtlichen Einordnung gibt es aktuelle Hinweise:

Womöglich hält sich Friedrich Merz für einen großen Staatsmann. Man muss ihm leider sagen: Dafür reicht es nicht. Denn die Dinge liegen erkennbar außerhalb seines Fassungsvermögens, das von zuchtmeisterlichen Phantasien geprägt ist, wie der → Jüdische Allgemeine zu entnehmen ist:
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat am Rande des G7-Gipfels in Kanada Israels Angriffe gegen das Mullah-Regime im Iran gelobt. „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“, sagte er im ZDF. „Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen“, so Merz weiter.
Und weiter:
„Wir hätten sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen und dann möglicherweise noch mit einer Atomwaffe in der Hand.“ Merz verwies dabei auch auf iranische Drohnenlieferungen für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Friedrich Merz hat also „größten Respekt“ vor Israel, aber ersichtlich keinen vor dem Völkerrecht. Den Freunden der „regelbasierten Ordnung“ („rules-based order“) sei gesagt: es gibt sie nicht. Vielmehr ist sie ein PR-Konstrukt des Westens mit klarer Botschaft: Die Regeln des Völkerrechts (vertragliche wie gewohnheitsrechtliche) wenden wir an, solange das Spiel zu unseren Gunsten läuft. Ansonsten schmeißen wir Spielfiguren vom Brett und Spielsteine um. Das ist dann die „Drecksarbeit“, bei der Tote und Versehrte nur noch als Kollateralschäden (Madeleine Albright) konstatiert werden.
Wir sind Zeitzeugen einer historischen Entwicklung (um den von Olaf Scholz überstrapazierten Begriff der Zeitenwende zu vermeiden): Am Ende des Dreißigjährigen Krieges ist mit dem Westfälischen Frieden das Westfälische System entstanden. Danach ist jeder Staat souverän; alle Staaten sind gleichberechtigt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde dieses System mit der UN-Charta (Art. 2) übernommen – wieder im Bestreben, der Diplomatie Geltung zu verschaffen. Etwa seit der Jahrtausendwende läuft das Spiel für den Westen aus vielerlei Gründen nicht mehr wunschgemäß, und er reagiert mit Farbrevolutionen, Angriffskriegen und einer beispiellosen Kaskade von Sanktionen. Völkerrecht hin oder her. Während hierzulande Möchtegernweltpolitiker von der Stärke des Rechts an Stelle des Rechts der Stärke gefaselt haben (und damit gegen Russland wetterten), wird jetzt genau das Gegenteil verkündet und umgesetzt. Israels Regierung mit alttestamentarischem Tunnelblick und keinem Respekt vor dem Völkerrecht geht mit schlechtem Beispiel voran, Deutschland praktiziert wieder seine Kernkompentenz der hirnlosen Gefolgschaft.
EUropa (seit Josep Borell gilt: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld entschieden.“) hat sich nicht nur von der Diplomatie verabschiedet, sondern vom Westfälischen System – und damit vom Völkerrecht. Der Kanzler folgt dem eingeschlagenen Irrweg und agiert dabei nicht staatsmännisch, sondern verzwergt sich und sein Amt zum Claqueur der Warlords des Westens, Völkerrecht und Strafrecht (§§ 80a, 130, 140, StGB, Anstacheln zur Aggression, Billigung eines Angriffskrieges) ignorierend.
Eben nur Klein Fritzchen, der nichts gelernt hat vom Vater, der das Tote Meer umgebracht hat.
Man sollte nochmal nachlesen, in welchen Dimensionen Europa im Dreißigjährigen Krieg verheert (sic!) wurde.
Und im Ersten Weltkrieg.
Und im Zweiten Weltkrieg.
Update
05.07.2025: Im Manova-Exklusivgespräch mit Walter van Rossum erläutert der emerierte Professor für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft Norman Paech, wie die mächtigsten Staaten die internationale Rechtsordnung umschiffen, wenn sie ihren Macht- und Sicherheitsinteressen zuwiderläuft.
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